Für Heinz Strunk liegt das zentrale Wesen eines angenehmen Urlaubs in der geringstmöglichen Erlebnisdichte. Alles zähe Immergleiche zwischen den Nicht-Erlebnissen und die dann plötzlich doch noch auftretende Erlebnisdichte, schildert er in seinem Buch „Heinz Strunk in Afrika“.
Strunker in Mombasa
Der Heinz Strunk in Heinz Strunks neuem Roman (Autor und Romanheld niemals gleichsetzen, es sei denn man beruft sich auf irgendeine randseitige Deutungsschule oder betont, dass Heinz Strunk ja nur die Kunstfigur des Mathias Halfpape ist und somit, als kunstfigürliche Autorinstanz auftretend, ja … nasiewissenschon) verbrachte das Fest in Mombasa. Passenderweise nennt Heinz Strunk sein neues Buch „Heinz Strunk in Afrika“. Der Einband des Buches, eine Art, in Wickeltischgummierung eingebundene Paperback-Ausgabe, skizziert in lockerer Kinder-Comic-Unschuld das Flair eines heiteren Reise-Romans.
Dass sich der strunkersche Aberwitz zwischen aphoristischen Pamphletorgien von weise bis scheißlaunig und bubenhafter Sci-Fi-Nerdism-Psychedelik gegen Ende des Buches in Schilderungen eines Zwischen-die-Fronten-Geratenen verwandelt, ist einigermaßen ungewöhnlich und gibt der nicht abreißenden Veröffentlichungsflut von Hobbyautor Strunk (selbstreflektierende Autor-Selbstgesprächeinstreuungen im Buch) einen Hau ins ernste Fach. Natürlich ist Heinz Strunk in seinem neuen Roman kein Krisenreporter, kein Auslandskorrespondent, der hier packende Star-Journalismus-Reportagen abpfeffert – nein: Strunkers Romanheld Heinz Strunk ist gewohntermaßen ein Antiheld – ein Alkoholiker mit theoretischen, aber willensarmen Neigungen zur Abstinenz. Ein Denkmensch, der sich nach Gedankenleere sehnt. Ein Reizüberfluteter, von den Normalo-Verrückten (Nachmittags-Dokusoap-Flodderfamilen und Co.) für verrückt gehaltener. Ein vernünftiger Halbwahnsinniger eben.
„Laber laber, watschel watschel, plätscher plätscher, schnarch rpppss…“
Scharfsinnig und -züngig (hoho, Indianer, hohoho …scharfzüngig, ein Rezensentenwort, das der Burda-Verlag erfunden haben muss) werden hier, wie in seinen vorangegangenen Büchern, die perversen Ausgeburten unterdrückter Perversionen in allem Bürgerlichen, Braven entlarvt. Ian McEwans blumig großspuriger Einschlafliteratur hält er in einer halb belanglosen, halb Seiten schindenden Zitate-Gegenüberstellung die versoffen stilfreie Laberschreibe von Lemmy Kilmisters Restmemoiren entgegen – ist natürlich klar, wer hierbei gewinnt. „Word up, Lemmy!“, fasst Heinzer zusammen.
Manische Aufzählungsketten, Ströme voll Consciousness, voll Ekel vor den Bumstouristen und Fickstörchen, vor Erlebnisreisenden, vor Eindrücke- und Artefaktensammlern, Erkundungssüchtigen und Bestseller-Reiseführer-Abarbeitern durchziehen das Buch. Kurzum: Strunk beweist sich ein weiteres Mal – wenn auch final nicht vollständig Leselust befriedigend – als Blicker, Kenner und Könner der Fremde im eigenen, die nicht weniger fremde Außenwelt spiegelnden, Inneren. Word, up, Strunker!
Martin Hiller